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August 2015

                            Existentielles Suchen
                            und
                           katholische Hierarchie

                    Wie ich mich als Christ aus einem
                    hierarchischen System hinaus bewege

                          Erste Klarsichtübungen:
Prophetischer Zugang
Wege aus Gewölben

 

                            Prophetischer Zugang:

 

A) Prophetische Klage

Wenn die Gewölbe den Himmel verdecken
und in ihrem Schatten keine Seelen mehr wohnen,
werde ich verkünden:

Die Zeit ist gekommen!
Kehrt um und sucht das Reich Gottes!

Tritt einen Schritt aus dem Schatten
an die Schwelle
zwischen Drinnen und Draußen!

Was unter dem Gewölbe war,
kehre ein und finde hinaus
in die Weite!

Was hörst du die Klagen der Seelenwächter!

Sie jammern,
weil ihre heiligen Hallen verlassen sind.
Sie behaupten,
die Seelen seien überall verstreut,
verirrt ohne Halt und Richtung,
allen Gefahren ausgesetzt
und den Versuchungen dieser Welt.
Sie warnen
vor dem Gift der fremden Religionen.

Unter dem Gewölbe hallt ein Echo
hin und her, auf und ab, aus allen Richtungen,
vielfach überschlägt es sich:

          Das Ende der Zeiten!

Draußen vor dem Gewölbe schaue hin!

Steinern ragen stumme Zeugen
in die Abenddämmerung
und sinken im Dunkel ihrer Schattenrisse.

Keine Stimme kann ertönen.
Die Rufe aber der Propheten kommen aus dem Wind
und erschüttern die Fundamente.
Gewölbe ziehen die Ergebenheit der Menschen auf sich
und verherrlichen sich darin.

Jetzt zerschellen ihre Glocken zu klirrenden Scherben,
der letzte Klang wird zum Sirenenalarm.
Noch ruht keine Stille,
noch ächzt das Gebälk unter seiner Last.

Beklemmende Angst nimmt jeden Mut,
einzuhalten und aufzusehen.

          Ein Irrsinn!

Gott geht darin unter!
Seine heilige Ehre und seine übergroße Macht
schwinden dahin.
Die Heiligen der Altäre erstrahlen nicht mehr
im ewigen Glanz,
ihre Gebeine zerfallen endgültig zu Asche.
Die goldenen Kelche verglühen im Feuer
der untergehenden Sonne.

Das Wasser versiegt
und kann die Brände
nicht mehr löschen.

Ratlos stehen Bettler vor Ruinen,
sie verlieren ihre Zuflucht.
Frauen weinen trockene Tränen
und spenden keinen Trost mehr.

Es muss so kommen,
denn in den Trümmern steht es geschrieben.
Wer sie lesen kann, schaut darin Umkehrung,
erfasst, was da geschehen ist.

Hiobs Klagen suchen ihren Widerhall.

Jedes Leben wird in den Wind geworfen,
es taucht ins Licht
oder fällt als Staub zur Erde.
Blumen wachsen auf und blühen,
dann sind Bienen reifes Glück
und viele Samenkörner.

Oder sie sterben fruchtlos in den Zeitenlauf.

So ist es mit euch!
Habt ihr geglaubt,
dass ihr dem entgehen könnt?

Die Gewölbe konnten die Zusage nicht halten,
das Gesetz der Erde außer Kraft zu setzen.

Wenn der äußere Himmel stürzt,
so offenbart er tiefe Sehnsucht,
entzündet am Himmel der Seele.

Die einen suchen die anderen,
und keiner hat es verlangt.
Die suchen, verbindet ein Netz,
und keiner hat es geknotet.
Sie suchen Güte und Weite
und darin ihre Zukunft.

Die Tiefe findet zur Höhe,
und die Höhe öffnet sich der Tiefe.

Es geschieht, was geschieht.
Lasst jede Verherrlichung!
Diese Weise verträgt keine eitle Inszenierung.

B) Einstieg

Der Christliche Glaube manifestiert sich in der katholischen Kirche noch immer in einer unbeweglichen Form und einem erstarrten Gedankensystem: in der römischen und klerikalen Hierarchie. Darin erhebt sie sich über die Welt und die Menschen. Ihre Spitze spricht sie heilig und versteht sich als Vertretung Gottes auf der Erde. Sie verwaltet den Zugang zu Gott, der nur über sie erfolgen kann. Ihre Lehre und ihre Entscheidungen sind für sie unfehlbar.

In ihren eigenen Reihen und auch von außen wird dieses System schon immer in Frage gestellt.
Beispiele fallen mir ein:

– Die stets aktuellen Propheten im jüdischen Erbe
– Die dichte Botschaft des Anfangs (Evangelium)
– Verketzerte Denker
– Armutsbewegungen im Mittelalter
– Reformation
– Philosophie
– Naturwissenschaften
– Aufklärung
– Tiefenpsychologie
– Kommunismus
– Das II.Vatikanisches Konzil
– Befreiungstheologie in Lateinamerika
– Starke Basisbewegung in Europa
– Humanistische Atheisten
– Arbeiter vor ihren Toren
– Schriftsteller, Dichter und Künstler
– Mutige Frauen
– Mitglieder, die ihre Kirche verlassen

Durch diese Impulse ist immer Energie frei geworden für Veränderungen. Ihre Vertreter wurden oft an den Pranger gestellt, bis ins Feuer verfolgt, gebannt, ausgeschlossen oder abgesetzt. Sie werden bei allem fortwährend Quelle für Neues sein.

Das hierarchische System konnte bisher noch nicht entscheidend überwunden werden und keiner weiß, ob das je geschehen wird.
Es sitzt als Prägung tief in der Identität der Beteiligten. Unsere Zeit hat nun ein existentielles Denken hervorgebracht, das den Weg frei machen kann für eine Wende. Im christlichen Glauben entwickelt es eine eigene Kraft und Orientierung.
Ich nenne es Existentielles Suchen.

Im Zentrum steht der Mensch in seiner Suche nach Gott. Je mehr die Menschen Subjekt ihres Lebens werden, desto weniger delegieren sie ihre Freiheit an äußere Systeme. Gott ist in diesem Prozess die erlösende, herausführende, befreiende und heilende Kraft, die mitten im Leben ankommen lässt.
Die Hierarchie stellt sich dem entgegen durch ihre Forderung nach Gehorsam, Enthaltsamkeit und Bedürfnislosigkeit. Tugenden, die die Momente einer eigenen, freien Existenz ersetzen und verhindern.

Das existentielle Suchen findet in den Menschen statt, in ihrer Mitte und nicht mehr über ausgelagerte Gestalten und Gebilde. Es sind oft lange, lebenslange Suchbewegungen und Entwicklungen, die Menschen dahin bringen können.
Das ist nur dann möglich, wenn sie ihre unbewussten Seiten und Kräfte kennenlernen und mit ihnen leben. Dann können seelische Konflikte und Störungen gelöst werden. Vor allem aber ändert sich die Wahrnehmung der Dimension Gott. Die Projektionen auf Gott und die Übertragung von alten Mustern der frühen Prägung können nach und nach durchschaut und losgelassen werden.

Gott wird nicht mehr als äußerer Halt gebraucht. So muss Gott nicht mehr theologisch behauptet werden, sondern er kann sich im offenen
Suchen erschließen.
Mit Gott wird nicht mehr die Natur erklärt.
Somit wird anerkannt, dass die Naturwissenschaften kein Gottesbild mehr zulassen, in dem Gott als Schöpfer und Lenker des Universums, der biologischen Entwicklung und der menschlichen Natur vorausgesetzt und deklariert wird.

Mit Eugen Drewermann: Die Natur ermöglicht uns, aber sie meint uns nicht.

Die Natur ist unser Anfang und bringt uns hervor. In Gott können wir zu uns selber kommen und frei werden für eine offene Zukunft. Wie Natur und Gott in einander gehen, gilt es noch tiefer zu verstehen.

Mit Gott braucht auch nicht das Schicksal der Welt und der Menschen erklärt zu werden. Er ist keine geheimnisvoll steuernde Kraft immanent oder transzendent.

Mit Dietrich Bonhoeffer: Einen Gott, den es gibt, gibt es nicht.

Mit Gott braucht auch keine Moral entwickelt zu werden.
Existentielle Zuversicht kann die Angst auf dem Grund unserer Seele überwinden und durch die Gefahren, Versuchungen und Herausforderungen hindurch steuern. Die Suchbewegungen in den menschlichen Beziehungen machen oft Umwege und verirren sich. Konflikte und Grenzerfahrungen sind unvermeidlich. Sie brauchen Ermutigung, Begleitung, Resonanz und oft auch Therapie. Aber sie vertragen keine Bevormundung und Forderungen von außen.

Mit Gott braucht keine Verwaltung des Glaubens in territorialen Bezirken mehr betrieben zu werden.
Die Verbindungswege unter den Menschen halten sich nicht an abgegrenzte Gebiete und auch nicht an Konfessionen. Existentielle Begegnungen können nicht von außen geplant und organisiert werden. Sie gestalten sich nach unbewussten Motiven und leben von der Öffnung für das Fremde und Andere, für das Ausgeschlossene und Verfolgte.
In vielfältigen Netzen ergeben sich Möglichkeiten, je nach der aktuellen Situation Lösungen zu suchen, Konzepte zu vereinbaren und gegenseitige Unterstützung zu vermitteln.

Mit Gott kann keine belehrende Institution mehr gegenüber der Politik aufrecht erhalten werden.
Es gibt nicht mehr die übergeordnete Instanz, die in Anspruch nehmen kann, Staat und Gesellschaft ins Gewissen zu reden. Moralische Appelle prallen außerdem immer ab und führen zu Abwehrstrategien. Aus dem existentiellen Suchen können Initiativen und kreative Interventionen gefunden werden, die Zusammenhänge aufklären und aufdecken, Alternativen entwickeln und einleiten. Oft ist gewaltfreier Widerstand erforderlich und geeignet oder ein mutiges, freies Wort.

 

 

C) Prophetische Worte

Für eine Einkehr.

Gehe noch einmal unter die Gewölbe,
die den Himmel verdecken,
und in den Schatten,
in dem keine Seelen mehr wohnen!

Entfache diesmal keinen Sturmlauf
gegen die Versteinerungen deines Glaubens!
Du wirst die Weite des Himmels nicht finden,
wenn du vor deinen eigenen, alten Wunden fliehst.
Dich berühren Schicksale und Entstellungen,
du gerätst in unbändige Wut
und ereiferst dich in zornigem Aufbegehren.
Du entwickelst starke Energie
und scharfe Sicht.
Du spitzt deine Worte zu einer Lanze
und bist bereit, sie in deine Ziele zu stoßen.
Finde noch einmal neu zu dem,
was dir am Herzen liegt!
Wage diesmal einen Schritt
in die schweigende Leere!

Welten werden stürzen,
aber es sind nur die Gespenster deiner Angst.
Entsetzen wird dir begegnen,
aber es sind nur die aufgeschreckten Ahnungen.
Bange Sorge wird sich ausbreiten,
aber es sind nur die unerfüllten Sehnsüchte.

Deine Wege verlangen jetzt deine Aufmerksamkeit
und deine Spannungen werden sich in Schmerzen verwandeln.
Alte Verletzungen werden sich zeigen und Tränen werden fließen.
Du wirst nicht mehr wissen,
wann das aufhört.
In der Stille tauchen Bilder auf und Klänge,
sie weisen in die Tiefe.
Lasse Licht rein und sanften Regen,
als ob es ein Garten wäre!
Du brauchst nichts mehr zu tun,
lasse es geschehen, auch wenn es schwerfällt!
Du brauchst nichts mehr zu wissen,
auch wenn du dir dabei dumm vorkommst.
Du brauchst nichts mehr zu verkünden,
auch wenn dir das Echo fehlt.

Lasse Geduld einkehren
in deine rastlose Seele
und lasse deine Zeiten los!
Höre und spüre, schlafe und träume,
und lasse deine Geschichten
sich selber verstehen!

Jage nicht mehr,
und lasse deinen Atem kommen und gehen,
wie er sich Wege verschafft
in abgesperrte Zonen!
Überlasse die Welt sich selber,
du kannst jetzt nichts mehr für sie tun!
Sie liegt in Gottes Händen!

 

Als PDF-Datei:

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Einzelne Texte als PDF-Datei:

 Deckblatt

A) Prophetische Klage

B) Einstieg

C) Prophetische Worte

 

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