Einstieg

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Etwa November 2007

 

Einstieg

In den Strom der Zeit einsteigen.
Einen Zugang finden, der sich öffnet.
Hier und jetzt den Mut aufbringen, den Anfang zu machen.
Die Kraft aus dem Loslassen nehmen.
Die Sinne öffnen.
Sich in die Leere wagen.
Die Weite über dem Wasser ahnen und die Tiefe unter dem Wasser ausloten.
Das ferne Grenzenlose erschließen und das nahe Unbekannte ergründen.
In die Begegnung gehen, in der Spannung auf den Punkt kommen und
im richtigen Augenblick wieder herausgehen.

Störungen spüren und die Tragweite aller Wirkungskräfte mit einbeziehen.

Der Mitte vertrauen, die ständig in Bewegung ist, um alles mit allem zu verbinden.

Das Höchste wird nicht mehr sein wie ein Stern am Zenit, sondern das Dichteste in allen Beziehungen, die sich suchen.

 

Das Bild vom Schiff

 

Ein Schiff ist ein umschlossener und geschützter Raum im Wasser. An Deck und mit dem Mast über Wasser ist es Wind und Wetter ausgesetzt, mit den Sternen am Himmel, um sich daran zu halten. Unter Wasser schleppt es seine Netze in der Tiefe. Wenn die Netze sich verfangen, müssen Leute in die Tiefe tauchen und sie wieder lösen. Bei Sturm und hohen Wellen kommt es darauf an, wie gut das Schiff im Wasser liegt oder wie gut es seinen Anker geworfen hat. Segel und Steuer fallen möglicherweise aus.
So ist es mit uns Menschen. Mit einem Teil leben wir bewusst und mit dem anderen reichen wir unbewusst in die Tiefe, die uns trägt.

 

In der Bewegung

 

Es lässt sich kein absoluter Haltepunkt finden.
Sich bewegend auf Bewegungen stoßen.

Etwas früher oder später oder etwas höher oder tiefer, schon sieht der augenblickliche Kontext anders aus.
Die Bewegung kommt aus der Dynamik des Inneren. Was im Äußeren gesucht wird, hängt eng zusammen mit der Spannungslage im Inneren.
Das Innere kann im Äußeren geflohen werden. Eine innere Dramatik verlagert sich nach außen. Das Innere kann eine Frage stellen und die Antwort im Äußeren suchen.
Innen und Außen können auch korrespondieren.
Begegnung glückt in der Resonanz.
Das Innere kann sich aber auch in äußeren Gestalten sehen wollen und macht diese dann zum Spiegelbild seiner selbst. Die innere Suche wird auf die äußere Gestalt verlagert. Gutes und Schlechtes lässt sich dort erkennen und bearbeiten. So scheint es jedenfalls. Störungen und Konflikte sind zwangsläufig. Ent-Täuschungen können da raus führen.

Die innere Dynamik kann auch eine Reaktion auf die Außenwelt sein. Erwartungen oder Druck können die Auslöser sein. Das Innere muss sich nach außen behaupten. Es möchte respektiert werden. Das Innere kann auch in die Verzweiflung getrieben werden, wenn ihm keine eigene Entwicklung gelassen wird.
Erleben sucht den Austausch. Daraus entwickeln sich Beziehungen. Wachstum und Vertrauen hängen davon ab, wie diese gelingen.

Bedrohung ruft Gewalt hervor. Schutzreaktionen oder Gegenangriffe können das sein. Das passiert, wenn Beziehungen nicht gelingen oder wenn Beziehungsfelder ausschließen oder Gefälle bilden. Wenn sich Eliten herauskristallisieren und Ausgestoßene gebraucht werden und die einen die anderen bekämpfen, findet keine Begegnung mehr statt. Der Rausch der Schlachten, die daraus entstehen, hinterlassen Zerstörung und endloses Leid.

Das ist unser Menschen Schicksal. Sehnsucht nach Erlösung, Befreiung und Heilung wird geboren. Die Kraft und die Weise werden gesucht, die wieder hinführen zur Mitte aller Beziehungen.

Heilung

Heilung ist die Lösung angstfixierter Leidensmuster. Dort, wo Bedrohung war, werden Schritte ins Vertrauen gewagt. Das geht nur über Vertrauensbeziehungen.

Es gibt Leiden, das speichert traumatisch Erlebtes und überträgt dieses auf die aktuellen Beziehungen. Das Vertrauen wird belastet mit dem alten Gefühl der Bedrohung. Das Erlebte wird somit zur Aufgabe. Übertragenes wird Stück für Stück zurückgegeben, gesichtet und gelichtet, geduldig vorbereitet für die Eingliederung in die Lebensprozesse. Diese entscheiden, was aufgenommen und was zurückgelassen wird.
Anderes Leiden rettet sich ins Bodenlose und Grenzenlose. Beziehungen bedrohten ehemals oder konnten nicht tragen. Es schaltet die Brücke zur Realität aus, gleichzeitig greift kein Selbstschutz mehr. Jede Regung verursacht Qual und Angst. Das Innere kommt nicht mehr nach außen und das Äußere nicht mehr ins Innere. Eine abgespaltene Scheinwelt entwickelt sich im Inneren. Das Äußere wird zur durchdringenden Übermacht, die verfolgt und zerstört. Heilung bedeutet hier als erstes, die Selbstauflösung im Inneren aufzufangen und eine verlässliche Außenstruktur zu schaffen. Es folgt die Ermutigung, allererste Lebensregungen zu wagen.
Es gibt so viele Leidensformen, die damit verwandt sind und doch ganz eigene Züge tragen. Intuition ist gefragt, um sie zu verstehen.

Der Zugang zum Leiden

Der Zugang zum Leiden gelingt nur über das Mitempfinden. Wer in sein eigenes Leiden hineingegangen ist, öffnet seine Seele für das Leiden anderer. Sonst wird das Leiden anderer zur magischen Anziehungskraft, die für den anderen etwas tun, an ihm etwas bewirken will. Jeder Erfolg wird als eigener Leistungserfolg und jeder Misserfolg als eigenes Versagen erlebt. Weil nichts von alleine wachsen kann und die Erwartungen auf Dauer unerfüllt bleiben, erscheint der andere zunehmend als unwillig und unverbesserlich.
Die Geduld, die das Mitempfinden braucht, geht aus der ursprünglichen Sehnsucht nach der Fülle des Lebens hervor und aus dem Loslassen in die aus sich selbst lebende Mitte des Daseins.

Befreiung

Befreiung ermöglicht es Menschen, sich von innen aus Abhängigkeiten zu lösen, in die sie von außen durch Angst gehalten werden. Wirksamstes Instrument der Angst ist die Gewalt. In der Befreiung gelingt es Menschen, Beziehungen zu verändern und die Folgen auszuhalten und zu gestalten. Auf der politischen Ebene kann Befreiung nur gelingen, wenn sich die innere Dynamik ändert, die sich in die äußeren Bedingungen hinein auswirkt.

Erlösung

Erlösung ist die Öffnung der Verstrickungen, in die die Abfolgekette der Generationen ihre Glieder halten. Das Wirksamste aus der Vergangenheit ist die Weitergabe nicht bewältigten, nicht geglückten Lebens. Die Nachkommen sollen es als Erbe übernehmen ohne den Segen, es zu lebbarem Leben verändern zu dürfen. Ursprungsbeziehungen geben vor allem nicht Ausgesprochenes, nicht Sichtbares weiter und prägen die Grundmuster der Aufwachsenden, tief verankert in tragenden Gehirnstrukturen. Diese werden zur Grunderfahrung, wie Menschen in das Leben kommen. Die Bilder der Herkunft und des Allumfassenden jenseits des Horizontes werden damit geprägt.

Ersatz für die Freiheit

Freiheit ist möglich, wenn die Beziehungen tragen. Die letzte Freiheit ist ein Wagnis ins Unbekannte. Das macht zutiefst Angst. Im Letzten können Beziehungen nicht die Sehnsucht stillen, immer weiter vorzudringen in die Tiefe und Weite des Daseins. Einsamkeit und Leere nach der Fülle des Lebens warten darauf, erkundet zu werden. Erst darin kann die Liebe keimen.
Überall bilden sich Ersatzangebote für die Freiheit. Sie versprechen letztes Glück, sogar das Paradies ohne das letzte existentielle Abenteuer. Früher waren es geschlossene Systeme, politische und religiöse. Reste bleiben noch in den kirchlichen Institutionen. Menschen delegieren ihre Mitte an die Führungsgestalten an der Spitze. Diese verkörpern die Erfüllung der Allmachtswünsche, sie sollen mit allem Begehrenswerten versorgen und Ordnung und Sicherheit gewährleisten. Im Religiösen sollen sie die existentielle Angst nehmen. Sie sollen stehen für die Allmacht über allem, die alle aufnimmt, die sich ihr unterwerfen. In dieser hierarchischen Ausrichtung lassen sich dann Gesetzeswerke und Weltentwürfe festlegen, damit das Suchen ein Ende habe. Investitionen in diese Systeme sind Einbahnstraßen. Das sind Abgaben, die für angeblich höhere Zwecke verwendet werden. Sie dienen dem Ausbau des Systems. Die Not der Menschen wird ausgebeutet. Drückende Schuldvorwürfe und jagende Angst, das Seelenheil zu verlieren, erwarten diejenigen, die sich herauslösen wollen.

Äußerer Halt und innere Freiheit

Innere Freiheit entsteht, wenn der äußere Halt aufgegeben werden kann. Guter Halt drängt bei Zeiten zum Loslassen. Die Zeiten dazu reifen heran. Guter Halt ist die Verstärkung des Inneren von außen. Je stärker das Innere wird, desto mehr kann sich die Verstärkung aufgeben. Es gilt Beziehungsfelder zu suchen, die das ermöglichen.

Die innere Tür

Die innere Tür öffnet sich, wenn alle Teile des inneren Systems zusammenwirken, sich gegenseitig ergänzen und anregen, ein Ganzes bilden wie die Teile eines Puzzles. Wie die Seiten eines Instruments sich in einen harmonischen Akkord einschwingen, so finden sie Töne, die erschließen. Die Augen öffnen sich von innen und sehen, was sie vorher nicht sehen konnten. Erst, wenn alle verhakten Stellen und Knoten gelöst sind, können sich alle Teile finden. Viele Begegnungen sind erforderlich, bis es genug ist und sich die Existenz von alleine verdichtet und weitet.

Neu geboren werden

Die innere Tür ermöglicht einen Neuzugang zur Welt. Wer hindurchgeht, wird neu geboren. Jeder Schritt betritt Neuland, jede Bewegung ist eine Entdeckung. Die Realität bietet immer weitere Aspekte. Und doch erschließt sich nur, was schon immer da ist. Jetzt wird es sichtbar und spürbar. Oberflächen erhalten ihre Tiefe, Widersprüche ihre innere Bezogenheit. Ziele finden ihre Gründe in der Motivation. Worte finden ihre Erfahrungswelt und werden zu Zeitreisenden in der Geschichte. Landschaften werden zu Kontexten, die mit der inneren Symbolwelt korrespondieren. Gesellschaften zeigen ihre innere Dynamik, aus der sie ihre Strukturen bilden. Zwischen Menschen werden Kraftlinien erkennbar, die resultieren aus der Spannung zwischen Anziehung und Abstoßung, zwischen Fallen und Steigen, zwischen Macht und Ohnmacht, zwischen Sieg und Niederlage, zwischen Mann und Frau. Systeme verraten ihre Wirkungstendenz, ob sie dienen wollen oder für sich selber herrschen. Errungenschaften lassen sich nunmehr besser einschätzen nach dem, was sie bringen und was sie zerstören. Und es meldet sich der Mut, mitten hineinzugehen in diese Wirkungswelt, sich bewegend, begegnend, verstehend, verbindend, anregend, loslassend, gebend und nehmend. Jeder Tag findet neu seine Herausforderung, seine Fragen und Antworten, seine Mühe und seine Stärkung. Was an Beziehung gelingt, findet allein zu einem Netz mit anderen Beziehungen, die unterwegs sind zu einer Solidarität jenseits der Angst.

Als PDF-Datei:

Einstieg in das existentielle Suchen

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